Women x light. Interviews mit großartigen Frauen an der Spitze großartiger Beleuchtungsprojekte

Anlässlich des Internationalen Frauentags, der am 8. März 2022 gefeiert wurde, befragten wir vier professionelle Frauen, die mit LedsC4 an einigen unserer besten Projekte beteiligt waren.

Wir nahmen den Internationalen Frauentag zum Anlass, vier großartige und in der Lichtbranche berufstätige Frauen zu interviewen, mit denen wir gemeinsam Projekte umgesetzt haben und die uns, sowie die nächsten Generationen des Lightings, inspirieren.

Wir sprachen mit Birgit Walter, Gründerin und Kreative Leiterin von BMDL. Sie ist außerdem Mitgründerin der „Asociación Profesional de Diseñadores de Iluminación APDI“, dem Berufsverband für Lichtdesigner APDI. Mit ihr waren wir an unglaublichen Projekten beteiligt, wie der Gestaltung der Restaurantbereiche des Hotels Saint Regis de Doha und dem Fairmont Hotel Rey Juan Carlos I in Barcelona. Auch die Gründerin des Studios La Invisible, Maria Güell Ordis, wird uns Ihre Vision offenbaren. Mit Ihr durften wir erst kürzlich auf dem LlumBCN 2022, dem Festival für Lichtkunst in Barcelona, zusammenarbeiten. Des Weiteren haben wir Michela Mezzavilla befragt, Architektin, Lichtdesignerin sowie Gründerin des Studios reMM und Leiterin des Masterstudiums Lighting Design an der IED Schule in Barcelona. Nicht zuletzt Natividad Casado, Architektin, Planerin und Beraterin bei AIA Arquitectura i instalacions. Sie hat mit uns an Projekten, wie dem Bau des Rathauses von L‘Hospitalet de Llobregat und dem CEIP Vilablareix in Girona gearbeitet.

 

Was ist für Dich eine Beleuchtung/qualitatives Licht?

BW: Ein „hochwertiges" Beleuchtungsprojekt verfolgt und erreicht Ziele, die über die Einhaltung externer Faktoren hinausgehen (z. B. rechtliche, wirtschaftliche, projektbezogene Vorschriften).  Ein Projekt beabsichtigt, sucht und schafft mehr als das, man könnte sagen, es hat eine „Seele". Bei der Qualitätsbeleuchtung wiederum geht es um die sorgfältige Auswahl des LED-Typs, der Leiterplatte, der Optiken, das Verhältnis zum Gehäuse/zur Hülle/zur Leuchte und damit werden u. a. eine gute Farbwiedergabe, Qualitätstemperatur, Optik, Effizienz und Blendungsindex erzielt. 

MM: Für mich muss eine gute Beleuchtung nicht nur funktionalen, regulatorischen, Effizienz- und Wohlfühl-, visuellen Wahrnehmungs- und Komfortanforderungen genügen. Sie muss die Räume zudem durch die Hervorhebung ihrer Eigenheiten aufwerten und einen visuellen Diskurs herstellen, der mit der Persönlichkeit des Projekts harmoniert und das Empfinden und Genießen der gestalteten Bereiche ermöglicht.

NC: Eine gute Beleuchtung schafft für den Benutzer eine komfortable und gesunde Umgebung und ist in der Lage, sich an die dort ausgeübten Tätigkeiten anzupassen. Sie sorgt für eine optimale Farbwiedergabe und passt sich den verschiedenen Szenarien, den funktionalen Anforderungen an und wertet den architektonischen Raum auf. Darüber hinaus ist sie nachhaltig, dank der Effizienz der Anlagen und der Regelsysteme, mit denen die Beleuchtung an die jeweiligen Anforderungen angepasst wird.

 

Was ist Deine Inspiration für ein Beleuchtungsprojekt? 

BW: Ich versuche, das Projekt mit dem zu verknüpfen, was ich von der Person, dem Ort, der Marke, dem Raum wahrnehme, und dadurch lasse ich meiner Fantasie freien Lauf. Kein Projekt ist wie ein anderes, auch wenn es für denselben Kunden ist. Es gibt immer andere Reize, aufgrund des Standorts, der Sonnenausrichtung, der beteiligten Personen und Teams und auch, weil wir uns selbst an einem anderen Punkt im Leben befinden.

MGO: Es geht darum, den Raum zu gestalten, in dem wir leben, uns gemeinsam aufhalten und Schönheit genießen, und dabei spielt das Licht eine große Rolle.

MM: Mir ist klar geworden, dass ich bei einem Beleuchtungsprojekt vor allem träumen oder vielleicht auch spielen möchte. Sich ein Beleuchtungsprojekt auszudenken ist wie sich eine Geschichte auszudenken, in der jeder Ort seine eigene Persönlichkeit hat und das Licht sich zwischen den Räumen wie die Erzählung einer Geschichte bewegt, durch Hierarchien, Kontraste oder Arrangements. Es macht mir Spaß, Systeme von visuellen Regeln und Beziehungen von Kontrasten zu kreieren, die dann Räume schaffen, die wiederum Empfindungen und Emotionen für die Menschen erzeugen. In diesem Sinne lasse ich mich von der Geschichte inspirieren, die jedes Projekt mit sich bringt, und das ist jedes Mal anders. Es ist die Geschichte oder die Persönlichkeit des Projekts, die mich zu dem Licht inspiriert, das am besten zu ihm passt. 

NC: Mich inspiriert der architektonische Raum und der Dialog mit dem natürlichen Licht und mir vorzustellen, welche Aktivitäten dort jeweils stattfinden. Mich inspiriert auch der Gedanke, wie das Gebäude bei Nacht erlebt wird und wie es aussieht. Es ist wichtig, das Beleuchtungskonzept des Architekten und die Anforderungen des Kunden zu kennen, damit die Lösung umfassend ist, den Raum aufwertet und ihn zu etwas Einzigartigem macht. Ich orientiere mich dabei an anderen Projekten, wobei es immer das Ziel ist, eine besondere Beleuchtung für diesen neuen Raum zu schaffen.

 

Welche anderen Frauen sind für Dich Vorbilder? In der Beleuchtung oder in anderen Bereichen?

BW: Die Liste ist sehr lang... Angefangen bei meiner Mutter, die eine Kämpferin und eine große Inspiration ist, alle Frauen, die sich trauen, zu erkunden und die das sind, was sie sein wollen, die großartigen Begleiterinnen und Lehrerinnen, denen ich in meinem Leben begegnet bin... Die Liste ist sehr lang und ich bin ihnen allen unendlich dankbar. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um einigen von ihnen für den Einfluss danken, den sie bei mir hinterlassen haben, während sie mich begleitet haben. Barbara Horton ganz zu Anfang meiner professionellen Karriere bei HLB in New York, Amy Samuelson, eine großartige Lehrerin mit einer unendlichen Liebe zu ihrer Arbeit an der Parsons School of Design, meine großartige Freundin Jules Gim (New York), die immer mit Liebe für das gekämpft hat, was sie wollte, Prachiti Kinikar, Ayurveda-Lehrerin, für ihre Weisheit und Ausdauer, Anna Sabaté, Zauberkünstlerin, Trainerin und Schauspielerin, für all Ihre Hingabe, Liebe und Weisheit, dafür, dass Sie mir die Werkzeuge gegeben haben, mich selbst kennenzulernen, zu wachsen, an mich zu glauben und meinen Weg zu gehen, mir ihre Liebe zu geben. 

MM: Bei der Beleuchtung gibt es viele Frauen, die ich bewundere. Wir können stolz darauf sein, dass es jeden Tag mehr von uns in dieser Branche gibt. Insbesondere möchte ich drei Personen erwähnen, die für mich ein Bezugspunkt und eine Quelle beruflicher und persönlicher Inspiration sind: die Lichtdesignerin Maria Güell, die mit dem Festival Llum BCN und ihrer persönlichen Vision sehr viel zur Lichtkultur beiträgt; Esther Torelló, Direktorin von Lightecture, die mit ihrer Kommunikationsarbeit zu einer Sprecherin in der Welt für den Wert unseres Berufs geworden ist; und schließlich Mariel Fuentes, die derzeitige Präsidentin der APDI, eine großartige Fachfrau und eine großartige Frau. Die Bewunderung, die ich für sie hege, ist so groß, dass wir nach mehreren Jahren punktueller Zusammenarbeit zwischen unseren Studios beschlossen haben, unsere Kräfte zu bündeln und ein gemeinsames Projekt zu starten: MMAS lighting, das genau in diesen Tagen das Licht der Welt erblickt. Wir freuen uns sehr, Euch das hier ankündigen zu können.

NC: Leitbilder für mich sind aufrichtige und motivierte Frauen, die sich für Lösungen einsetzen, die den Bedürfnissen der Menschen gerecht werden und die zur Schönheit der Umwelt beitragen, in der wir leben. Im Bereich der Beleuchtung interessiert mich besonders María Güell wegen ihrer Originalität. In anderen Bereichen ist Carme Ruscalleda, Chefköchin, für mich ein wichtiges Vorbild aufgrund ihrer Art, das Kochen zu verstehen und zu praktizieren (Auswahl von Lebensmitteln, Tradition und Moderne, Kochen, um glücklich zu sein,dass jedes Detail von Anfang bis Ende zählt...).

 

Wie siehst Du die Rolle der Frauen in dieser Branche? Wie könnte sie weiter gestärkt werden?

BW: Wie in vielen Berufen gibt es dem Titel nach auch mehr Lichtdesigner als Lichtdesignerinnen. Unser Problem in Spanien ist, dass der Beruf heute nicht die Unterstützung hat, die er meiner Meinung nach haben sollte. Es gibt viele Projekte, die nach wie vor vom Hersteller oder Händler gestaltet werden. Klar haben die ihren Stellenwert und so sollte das ja auch sein, dass Problem ist, das Projekte, die das Quäntchen mehr suchen, in die Zeit und Ressourcen investiert werden müssten, von einem Lichtdesigner gestaltet werden sollten, und dafür sind ein Vertrag und ein Budget erforderlich, genau wie bei einem Architekten. Wenn das einmal darauf ausgerichtet ist und es wirklich mehr Arbeit gibt, was wünschenswert wäre, bin ich davon überzeugt, dass mehr Fachleute, darunter viele Frauen, den „Sprung ins Nasse" wagen.  Ich denke, Unternehmer zu sein ist in diesem Land generell für Männer wie Frauen sehr kompliziert. Das erfordert viel Mut und Durchhaltevermögen. 

MM: Es gibt immer mehr Frauen, die sich dem Thema Beleuchtung widmen, ich würde sagen, dass es in meinem Umfeld vielleicht sogar mehr Frauen als Männer gibt. Ich denke, dass die Präsenz von Frauen in der Welt des Beleuchtungsdesigns und des Designs im Allgemeinen durch eine nachhaltigere Unternehmenspolitik und in einem „weiblicheren" Rahmen gestärkt werden könnte. Gerade das ist eines unserer Ziele bei MMAS lighting, da wir glauben, dass die Frauen unserer Generation auf diese Herausforderungen reagieren müssen.

NC: In der Beleuchtungsbranche sind Eigenschaften wie Kreativität, Sensibilität, Einfühlungsvermögen, Flexibilität, Offenheit für neue Lösungen und Teamarbeit unerlässlich. Diese Eigenschaften finden sich generell bei Frauen und ich glaube, dass Frauen eine wichtige Rolle spielen können. Sie könnten stärker an Planungsteams der Beleuchtungshersteller und Beleuchtungsstudien der Projekte beteiligt werden.

 

Wie bist Du in die Welt der Beleuchtung gekommen?

BW: Ich hatte das große Glück, einen Sommer lang ein Praktikum im Architekturbüro von Mercé Zazurca und Pep Gorgas zu absolvieren, in dem wir an einem Bürogebäude und dessen natürlichem Licht arbeiteten. Ich verliebte mich sofort und setzte mich daran, mir mehr Wissen anzueignen. Ich stieß auf den Master of Fine Arts (Lighting Design) an der Parsons School of Design in New York und zögerte keine Sekunde. Ich verband meine Leidenschaft für diese Welt, die ich gerade entdeckte, mit der Stadt, für die ich mich begeisterte, und packte meine Koffer - für... 10 Jahre!

MGO: Ich glaube, das war, als ich mir mit einem Freund die Oper „Orpheus“ ansah. Ich fand es faszinierend, wie ohne Wechsel des Bühnenbildes nur durch Licht alles komplett veränderte werden konnte. Am nächsten Tag informierte ich mich, wo man das studieren kann, und schrieb mich schließlich an der Schauspielschule im Fachbereich Bühnenbild ein, obwohl mein Hauptinteresse das Licht war, das wusste ich vom ersten Tag an.

MM: Es war Zufall. Mein beruflicher Weg führte mich unbewusst zur Beleuchtung. Als ich Architektur studierte, gab es Lichtdesign als Disziplin noch nicht. Ich interessierte mich für die Inszenierung durch Licht: Ich studierte Bildregie für den Film, drehte einige Kurzfilme, arbeitete im Aufbau und der Beleuchtung von Ausstellungen, beleuchtete Diskotheken, Restaurants, Hotels und Parks in den Architekturbüros, in denen ich arbeitete. Ich dachte schon, dass das etwas war, das ich in meinem Beruf als Architektin gut konnte. Ich habe erst viel später erfahren, was ein Lichtdesigner ist!

NC: Ich bin Architektin und interessiere mich seit meinem Studium für die Beleuchtung als weiteres Gestaltungselement, weil sie einen Dialog schafft, die Wahrnehmung von Räumen ergänzt und verändert. Endgültig beschäftigte ich mit damit aufgrund der vierjährigen Arbeit an der Basilika der Sagrada Familia, in denen wir zusammen mit AIA - „Activitats i Instal-lacions arquitectòniques" - die Beleuchtungsprojekte für die Türme und Sakristeien definierten und die Beleuchtung der Kirche erneuerten. Es war eine ziemliche Herausforderung, da es sich um ein einzigartiges Gebäude mit viel Symbolik handelt - einem Projekt aus dem 19. Jahrhundert mit den Techniken und Anforderungen des 21. Jahrhunderts -, in dem die meisten Leuchten speziell in Zusammenarbeit mit den Technikern entworfen wurden.

 

Welchen Rat würdest Du zukünftigen Beleuchtungsdesignerinnen der nächsten Generation geben?

BW: Glaubt an euch, an eure Leidenschaft und arbeitet hart. Arbeiten, arbeiten, arbeiten, arbeiten, packe alle Gelegenheiten am Schopf, die dir das Leben in den Anfangsjahren bietet. Und hört in euch ständig hinein, was willst du noch? Inspiriert es dich noch? Musst du dich neu ausrichten? Die Erfahrung zusammen mit diesem inneren Blick gibt dir alles, was du brauchst, um deinen Weg zu gehen. Glaube an dich selbst und schaff dir deinen Platz.

MGO: Es kostet eine Menge Kraft, seinen Platz zu finden und zu behaupten. Man muss hart arbeiten und gleichzeitig auf zwei Dinge achten: Wissen teilen und freundlich bleiben, was in diesem noch immer sehr männlich dominierten Sektor aus meiner Sicht zu kurz kommt.

MM: Wenn Licht deine Leidenschaft ist, versuche es, im Alltag zu genießen und zu leben, nicht nur als Thema für deine Projekte, sondern als eine Lebensweise.

NC: Eine große Offenheit gegenüber der Entwicklung von Knowhow und Techniken, ein offenes Ohr für Kunden und Partner, Teamarbeit mit Technikern zur Verbesserung des Produkts und die Umsetzung von Nachhaltigkeitskriterien. Außerdem denke ich, dass die Herausforderung darin besteht, allen Menschen in allen Regionen der Erde qualitativ hochwertige Beleuchtung zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung zu stellen. Die Beleuchtung trägt zum Wohlbefinden der Menschen und zu menschlichen Beziehungen bei.